Trauerreaktionen und anhaltende Trauerstörung

    Krankheitsbild

Trauer ist eine normale menschliche Empfindung bei Verlust. Wenn nahestehende Menschen oder auch ein geliebtes Tier von uns gehen, so ist dies schmerzvoll und mit Gefühlen von Sehnsucht und Traurigkeit, oder zum Teil auch mit Schuldgefühlen und Wut verbunden. In der Regel gelingt es den Betroffenen allein oder mit Hilfe des sozialen Netzes diese Verlusterfahrung zu verarbeiten. Eine normale Trauerreaktion bedarf keiner therapeutischen Behandlung.

 

Es kann aber auch vorkommen, dass der Verlust als so schwerwiegend empfunden wird, dass diese Emotionen als „unaushaltbar“ empfunden werden und es nahezu unmöglich scheint, sich in der neuen Situation zurechtzufinden mit deutlichen Beeinträchtigungen im persönlichen, sozialen oder beruflichen Kontext. Dann kann es auch bei akuter Trauer sinnvoll sein, sich therapeutische Hilfe zu holen.

 

Ein kleiner Prozentsatz der Trauernden entwickelt eine sogenannte „anhaltende Trauerstörung“. Hier hält der Zustand der Trauer über einen sehr langen Zeitraum zum Teil über Jahre nahezu unverändert an. Auch hier kann eine therapeutische Unterstützung sinnvoll und notwendig sein.

 

Eindeutige Kriterien, wann eine Trauer „normal“ ist und ab wann sie als  „pathologisch“ eingestuft werden muss, existieren trotz intensiver Forschung nicht. Auch wird die Diagnose insgesamt sehr kritisch diskutiert. Dennoch gibt es einige Symptome bzw. Symptomkonstellationen, die darauf hindeuten, dass es sich um eine pathologische Trauerreaktion handelt.

 

Letztlich spielt dabei (neben der Zeitdauer) immer auch das Ausmaß der Beeinträchtigung in den allgemeinen Lebensbezügen durch das Trauern eine Rolle als auch der Leidensdruck den der Betroffene, aufgrund seiner Trauersymptomatik, selbst verspürt.

 

Symptome auf der Gefühlsebene:

  • Nahezu täglicher starker Trennungsschmerz und anhaltendes Gefühl der Sehnsucht und des Verlangens nach der verstorbenen Person
  • Gefühl von Schock, Benommenheit oder Gefühlstaubheit
  • Zum Teil Verbitterung und Wut über den Verlust
  • Schuldgefühle, mit der Idee, etwas Wichtiges unterlassen zu haben, was den Verlust verhindert hätte
  • Gefühl, ein Teil von sich selbst sei verloren gegangen
  • Allgemeine Unfähigkeit, Freude zu empfinden oder Schuldgefühle bei positiven Gefühlen
  • Emotionale Instabilität und erhöhte Weinneigung insbesondere bei Triggerreizen, die an den Verstorbenen erinnern

 

Symptome auf der gedanklichen Ebene:

  • Schwierigkeiten den Verlust zu akzeptieren
  • Verwirrung über die eigene Rolle im Leben bis hin zu Sinnlosigkeitserleben und dem Eindruck, dass das Leben leer und bedeutungslos ist
  • Andauernde Beschäftigung mit der verstorbenen Person oder gegenteilig permanenter Versuch, nicht an die verstorbene Person zu denken
  • Gedanken an oder Sehnsucht nach dem eigenen Tod

 

Symptome auf der körperlichen Ebene:

  • Schlafstörungen, im Sinne von Ein- und Durchschlafstörungen oder Früherwachen
  • Lebhaftes Träumen, unter anderem von der verstorbenen Person
  • erhöhtes Anspannungsniveau und das Gefühl, nicht gut zur Ruhe kommen zu können

 

Symptome auf der Verhaltensebene:

  • Vermeidung von Orten und Plätzen, die an den Verstorbenen erinnern
  • Exaktes Beibehalten aller Dinge, als würde der Verstorbene bald wiederkommen
  • Schwierigkeiten, anderen Menschen zu vertrauen oder Nähe zuzulassen
  • (sozialer) Rückzug sowie Rückzug von Hobbies
  • Suizidvorbereitungen oder gar suizidale Handlungen

 

Entstehung pathologischer Trauer

In erster Linie ist Trauer eine normale Reaktion, die immer auftritt, wenn ein nahestehender Mensch verstirbt. Die Bewältigung eines Verlusts wird oftmals als ein Prozess beschrieben. Grob umrissen beginnt dieser mit einem „schockartigen“ Zustand und endet bei einer Neuorientierung ohne die verstorbene Person.

 

Wenn bewusst wird, dass die nahestehende Person tatsächlich nicht wiederkehrt, entstehen oft sehr starke Gefühle. In Abhängigkeit von der Art der Beziehung und der Art und Weise des Verlusts (z.B. unerwartet durch Unfall, Gewaltverbrechen oder Herzinfarkt oder absehbar nach langer Krankheit etc.) können diese Gefühle sehr schmerzhaft, aber auch sehr widersprüchlich und verwirrend sein.

 

Wenn die starke emotionale Reaktion langsam abklingt, erarbeitet man sich eine Art „inneres Bild“ der verlorenen Person, was stabil bestehen bleibt, obwohl die Person nicht mehr bei einem ist. Erst danach kann man sich wieder nach außen und neu orientieren.

 

Problematische Gedankengänge und ungünstige Bewältigungsversuche können diesen Prozess verlangsamen oder gänzlich verhindern. Dabei spielt insbesondere die Vermeidung der emotionalen Reaktion auf den Verlust eine wichtige Rolle und hält die Trauer aufrecht. Auch die übermäßige Beschäftigung mit der verstorbenen Person stellt dabei eine Form der Vermeidung der Emotionen dar.

 

Auch ungünstige Gedanken wie z.B. „Wenn ich aufhöre zu trauern, werde ich die Person vergessen.“, „Etwas Schönes zu tun, fühlt sich wie Verrat an.“ usw. verhindern eine Neuorientierung.

Rehabilitation

Behandlung und rehabilitative Strategie

Die Behandlung der Trauer bedeutet letztlich, die behutsame Begleitung bei dem Prozess der Akzeptanz des Verlusts und Entwicklung einer neuen Lebensperspektive. Dazu ist der Austausch mit anderen Betroffenen sehr hilfreich, so dass auch Patienten mit Trauerreaktionen in einer Gruppe zusammengefasst werden.

 

Gemeinsam mit dem Therapeuten wird reflektiert, welche Bedeutung die verlorene Person im eigenen Leben gespielt hat und an welcher Stelle sie besonders fehlt. Es wird versucht, den Verlust als Realität zu begreifen und die (emotionale) Vermeidung der Auseinandersetzung mit dieser Tatsache zu reduzieren.

 

Problematische, die Trauer aufrechterhaltende Gedankengänge oder Schuldgefühle, werden hinterfragt und verändert.

 

Gegebenenfalls werden mit Hilfe imaginativer Verfahren noch „offene Punkte“ mit der verstorbenen Person geklärt.

 

Ziel ist immer, gemeinsam mit dem Patienten das Leid unter dem Verlust zu reduzieren und ein sinnhaftes und angenehmes Leben trotz des Verlustes zu ermöglichen.

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